60er Jahre

Einkaufen im Dorf?

 

Spachbrücker Geschäftsleben in den sechziger Jahren vor dem Zusammenschluss mit Reinheim 1972

 

Wie viele Autos auf unseren Ortsstraßen sind heute wegen alltäglicher Besorgungen in den Nachbargemeinden unterwegs? Wie viele Warenlieferanten bringen täglich im Internet bestellte Päckchen und Pakete in Spachbrücker Wohnungen? „Man kriegt ja nix bei uns …!“

 

Das sah vor rund sechzig Jahren ganz anders aus! Der Weltkrieg war noch nicht lange vorbei, die Bevölkerung war um eine große Anzahl Aussiedler und Heimatvertriebener angewachsen, Wohnraum und Geld waren knapp. Wer genug zu essen haben wollte, musste sich selbst darum kümmern. Ein Blick auf den Ortsplan aus dieser Zeit zeigt: Spachbrücken war grün! Außer dem Friedhof, dem Sportplatz und der kleinen Grünanlage an den „Platanen“ vor der Dilsbachbrücke (Hofstr. Ecke Erbacher Str.) gab es nur privates Grün! Das waren meist Pflanzgärten oder Obstbaumwiesen am Ortsrand, in denen man Gemüse, Salat und Früchte anbaute. Zierrasen kam nur selten vor, und wenn, dann meistens als Hasenfutterwiese.

 

Die Vergabe von Bauplätzen in den damaligen Neubaugebieten nordwestlich der Hofstraße und südwestlich der Ringstraße (der „Krawallbuggel“) war mit besonderen Auflagen verknüpft: Die zukünftigen Bauherren mussten durch Gartenarbeit hinter dem neuen Eigenheim weitestgehend selbst für ihre Ernährung sorgen können, inklusive Milchziegenzucht, Hühner und Stallhasen. Alles andere Lebenswichtige gab es im Dorf zu kaufen, entweder in Geschäften oder direkt beim Bauern.

 

Heute sehnen wir uns wieder nach kurzen Lieferketten, „Unverpackt-Ware“, Bio-Anbau, Nachhaltigkeit, artgerechter Tierhaltung usw. Im alten Spachbrücken gab es das alles schon, wenn auch aus der Not geboren. Vielleicht sind Sie etwas neugierig geworden, wie vielfältig die Einkaufslandschaft und die Dienstleistungspalette waren. Nur ein Familiengeschäft aus dieser Zeit hat überdauert – finden Sie heraus, welches das ist! Dabei ist nicht alles abgebildet, was das Leben im Dorf annehmbar oder erträglich machte. Ein Nachbar reparierte vielleicht nebenher noch ein defektes Elektrogerät, besserte ein Möbelstück aus, verputzte eine Wand, ein anderer half im Winter bei Hausschlachtungen, oder eine Schneiderin nähte ein Kleidungsstück um. Man kannte sich untereinander, auch weil man sich beim Einkaufen oder in der Kneipe traf!

Spachbrücken in den 60er Jahren
(C) Jürgen Poth, 2023
Lebensmittelkorb
  • Lebensmittel und Wäsche, Martha Gölz, Dieburger Straße
  • Lebensmittel, Katharina Hartmann, Erbacher Straße (jetzt Dorfplatz)
  • Lebensmittel, Heinrich Rapp, Hofstraße
  • Lebensmittel (Spar), Kätha Poth, Hügelstraße
  • Lebensmittel und Drogerieartikel, Elise Schneider, Kirchstraße
  • Lebensmittel, Ella Niebel, Kreuzstraße
  • Lebensmittel (Edeka) Wilhelmine Göbel, Ringstraße

Milch und Molkereiprodukte, Speiseeis, Heinrich Hottes, Kreuzstraße

Fischgeschäft, Forellenzucht, Robert Horn, Schulstraße

Eier-Verkauf, Inge Göckel, Seestraße

Speiseeis im sommerlichen Straßenverkauf, Friedel Ernst, genannt die „Eisfriedel

  • Gasthaus „Zum grünen Baum“, Heinrich Spörl, Dieburger Straße
  • Gasthaus „Zum Deutschen Haus“ (jetzt Parkplatz), Marie Mayer, Erbacher Straße
  • Gasthaus „Zum Sportplatz“, Fritz Hartmann, Kreuzstraße
  • Gasthaus „Zum Schützenhof“, Heinrich Niebel, Seestraße
  • Gastwirtschaft und Metzgerei, Heinrich Schröder, Erbacher Straße

Getränkeverkauf und Hauslieferungen, Burkhardt Eichrodt, Dieburger Straße

  • Friseur, Heinrich Gebhard, Erbacher Straße (jetzt Dorfplatz)
  • Friseur, Heinrich Hornung, Kirchstraße
  • Wolle, Pullover, Nachthemden, Marie Seubert, Friedhofstraße
  • Kurzwaren und Wäsche, Elisabeth Ahl, Seestraße
  • Spielwaren, Zeitungen, Weihnachtsbäume, Richard Spalt, Mühlstraße
  • Schreibwaren, Grußkarten, Silvester-Böller, Arthur Heine, Gartenstraße

Kiosk, Zeitungen, Karl Zissel, Erbacher Straße

Lottoannahme, Uhrreparaturen, Franz Göckel, Kirchstraße

Schuhverkauf, Reparatur, Georg Wohlfahrt, Kirchstraße

Genossenschaft, Saatgut, Landhandel und Maschinenverleih Steinstraße

Schweinehandlung, Karl Gg. Neuroth, Gartenstraße

Kohlen und Baubedarf, in der Alten Mühle, Jakob Poth, Mühlstraße

Weißbinder, Farben und Tapeten, Georg und Elise Eckert, Feldstraße

  • Fliesenlegergeschäft, Willi Ries, Friedhofstraße
  • Schreinerei, Georg Kaiser, Hofstraße
  • Maurergeschäft, Heinrich Wagner, Kreuzstraße
  • Fahrradreparatur, Georg Allmann, Kreuzstraße
  • Schlosserei, Haushaltswaren, Geschirr, Heinrich Hartmann, Kreuzstraße
  • Schmiede und Lohndrescherei, Werner Niebel Seestraße

Schuster, im „Hofhaus“, Philipp Heleine, Hofstraße

Elektrobedarf (Glühbirnen), Heinrich Mayer, Mühlstraße

Tankstelle, KFZ-Reparaturen, Reinhard Dotzauer, Friedrich-Ebert-Straße

  • Bäckerei, Adolf Spalt, Gartenstraße
  • Bäckerei („Mondscheinbäcker“), Kurt Vonderschmidt, Habitzheimer Straße
  • Bäckerei, Heinrich Hofmann, Seestraße
  • Metzgerei-Filiale (Hauptgeschäft in Georgenhausen), Anton Hartmann, Ringstraße
  • Metzgerei und Hausschlachtung, Georg Klock (sen.), Dieburger Straße

Arzt, Dr. Karl-Heinz Benke, Habitzheimer Straße

Bundespost, Rentenzahlstelle, Telefonzelle, Wilhelm Niebel, Kreuzstraße

Gemeindeverwaltung, Bürgermeister Georg Kaiser, Schulstraße

Volksschule, neben Gemeindeverwaltung, Schulleiter Otto Mayor, Schulstraße

  • Sparkassen-Zweigstelle, Georg Wohlfahrt, Seestraße
  • Spar-und Darlehnskasse Zweigstelle (Raiffeisen), Marie Siegler, Steinstraße

Wäscherei und Heißmangel, Konrad Peter, Bachgasse

Annahme Chemische Reinigung, Erna Uhl, Friedhofstraße